Was ich an meinem Job so liebe, ist das Zusammenarbeiten mit den verschiedenartigsten Menschen und den vielen Geschichten. In letzter Zeit höre ich vermehrt, “das wollte ich alles gar nicht erzählen, aber sie strahlen so eine ruhige Art aus”. Anscheinend ziehe ich auch Problemfälle an oder die Menschen brauchen einfach nur jemanden, der sich ihre Probleme anhört und wo sie ihren Druck ablassen können.
Das persönliche Gespräch zählt
Oft habe ich das Gefühl als Psychologin zu fungieren, was wahrscheinlich auch daran liegt, dass mich Psychologie immer fasziniert hat und ich früher überlegte, in dieser Richtung zu arbeiten.
In unserer hektischen Zeit kommt das persönliche Gespräch sowieso viel zu kurz, WhatsApp, SMS und Mails sind oft der Ersatz dafür.
Beim Kundendienst gibt es immer häufiger nur mehr über digitale Assistenten, die dann vieles erstmals gar nicht verstehen. Und dann darum bitten, sich anders auszudrücken – kein Spaß, habe ich erst erlebt. Selbst Buchungen und Bestellungen sind fast ausschließlich online. So wundert es mich nicht, dass immer mehr Personen vereinsamen oder depressiv werden.
Es sind oft schlimme Ereignisse, die ich erzählt bekomme und oft denke ich mir, so hat jeder sein “Pinkerl zu tragen”. Nach außen ist vielen dieser Personen nichts anzumerken, aber innerlich kämpfen sie ihren eigenen Kampf.
Es tut ihnen förmlich gut, mit einer neutralen Person darüber zu reden und sie fühlen sich bei mir gut aufgehoben.
Auch wenn vielleicht mit dieser Person kein Abschluss zustande kommt, bin ich sicher, dass es in anderer Form wieder zurück kommt. Dies merke ich auch daran, dass sich Kunden noch nach vielen Jahren an mich erinnern und mich wieder kontaktieren.
Erlebnisse, die berühren
Ich hatte selbst ein Erlebnis mit einem Mieter in einer Anlagewohnung von mir. Das ist jetzt schon 5 Jahre her, beschäftigt mich aber noch immer:
Eine Wohnung wurde an einen sehr netten, sympathischen und attraktiven jungen Mann vergeben. Dieser arbeitete recht erfolgreich in einem Fitnessstudio. Er hatte ehrgeizige Pläne und teilte mir nach einem Jahr mit, dass er voraussichtlich bald die Wohnung kündigen werde. Er werde in einem anderen Bundesland ein weiteres Fitnessstudio aufbauen, so die Info. Einen Monat später rief mich plötzlich sein Vater an und teilte mir mit, dass sein Sohn verstorben sei. Dies traf mich wie der Blitz. Ich begann zu recherchieren, was der Grund war, da mir sein Vater nichts Näheres berichten wollte. Es stellte sich letztlich heraus, dass die Benachrichtigung des Mieters, die Wohnung zu kündigen, geplant war als sein Abgang. Die Details, die ich in der Zeitung lesen konnte waren erschütternd. Niemand wusste über seine Depressionen oder wurden negiert. Zum Glück ereignete sich dies außerhalb meiner Wohnung.
Darum ist es mir wichtig, bei jedem Termin, egal ob eine Besichtigung oder Verkauf einer neuen Immobilie, mir Zeit für den Kunden zu nehmen. Vielleicht hilft gerade dieses Gespräch dieser Person zur rechten Zeit und Schlimmes kann abgewandt werden.
Es geht nicht immer nur um das Verkaufen, bei mir steht der Mensch im Mittelpunkt und Corona hat uns lange genug als Mensch entzweit. Es gab lange Zeiten, wo ein gemeinsames Treffen untersagt war und Zusammenkünfte verwehrt wurden.
Umso wichtiger ist die persönliche Kommunikation, ohne digitale Assistenten, wo man nur eine Nummer ist.
Die oft negativen Energien, die ich mit den ganzen Geschehnissen aufnehme muss ich natürlich wieder abbauen. Das gelingt mir sehr gut mit Krafttraining oder anderem Sport, wo ich mich so richtig austoben kann und wieder einen freien Kopf bekomme – für den nächsten Fall!