In letzter Zeit werde ich mit immer kniffligeren Fragen zum Thema Immobilienertragssteuer konfrontiert:
Fall 1: Scheidung
Der Ehemann bekommt den Hausanteil seiner Ex-Frau und übernimmt dafür sämtliche offene Bankkredite. Eine Abschlagszahlung wird bei Hausverkauf vereinbart.
Der Verkäufer, der Ehemann, ist von der Immobilienertragssteuer (ImmoEst) befreit, da er schon lange genug im Haus wohnt. Wichtig ist in diesem Fall der 50% Anteil seiner Ex-Frau, der ihm erst 2023 zugesprochen wurde. Wie ist dies zu bewerten? Fällt hier eine ImmoEst an?
Gilt für den neuen Anteil wieder eine 5-jährige Wohnpflicht in den letzten 10 Jahren oder wird die bisherige Bewohnzeit angerechnet?
Hier sind sich sogar die Vertragserrichter uneinig und rechnen sicherheitshalber mit 30% Steuer. Letztlich erhalte ich vom Steuerberater die zufriedenstellende Antwort: Es fällt auch hier keine ImmoEst an.
Fall 2: Trennung vor der 2-Jahresfrist nach Hauskauf
Ein Kunde, dem ich vor 1,5 Jahren seine Wohnung verkauft habe und der mit seiner Freundin in ein Haus aufs Land gezogen ist, ruft mich vor dem Wochenende entsetzt an, was er tun soll, seine Freundin packt gerade ihre Sachen und zieht aus. Auf sie läuft der Kreditvertrag und beide stehen im Grundbuch. Die Kreditraten seien zuletzt nicht mehr gezahlt worden und er müsse wohl wieder sein Haus verkaufen.
Hier kommt die 2-Jahresfrist zur Anwendung: Wenn beide ab Kaufvertrag bis jetzt 2 Jahre im Haus hauptgemeldet waren, kann ohne ImmoEst verkauft werden, ansonsten fällt die 30 %ige Steuer an (Verkaufspreis minus Ankaufspreis + Investitionen, davon 30 % ImmoEst).
Auch wenn die Beziehung zerrüttet ist, sollte auf jeden Fall die 2 Jahres-Hauptmeldepflicht abgewartet werden, bevor das Haus verkauft wird, damit hier keine ImmoEst fällig wird.
Fall 3: Verkauf einer Wohnung, bei der die Verkaufsfristen nicht beachtet wurden
Unlängst verkaufte ich von Kunden, die vor Jahren bei mir eine Gartenwohnung gekauft hatten, wieder ihre Wohnung, da sie wegen Familienzuwachs in ein Haus gezogen waren.
Bei Verkauf kläre ich immer vorab die ImmoEst ab. Hier erklärte mir die Verkäuferin, dass in ihrem Fall keine Steuer anfällt, da sie lange genug in der Wohnung gewohnt hatten.
Bei Unterzeichnung des Kaufvertrages war die Überraschung groß, als dann doch die Immobilienertragssteuer anfiel. Was war passiert?
Es stimmte, das Ehepaar wohnte seit Kauf der Wohnung über 2 Jahre in der Wohnung.
Als sie auszogen, begründeten sie wegen der schulpflichtigen Kinder am Wohnort ihres neuen Hauses ihren Hauptwohnsitz. Wäre noch nicht so tragisch. Knackpunkt ist hier, dass die Hauptmeldung bereits über ein Jahr her ist (Stichtag für die Steuer), dann tritt automatisch Regel 2 in Kraft: Wurde die Wohnung innerhalb der letzten 10 Jahre 5 Jahre durchgehend bewohnt und war dort der Hauptwohnsitz? Dies ging sich gerade um 3 Wochen nicht aus und die Verkäufer waren sehr verärgert. Trotzdem hätten wir die ImmoEst nicht abwenden können, weil die Wohnung verkauft werden sollte. Zum Glück war die entstandene Steuer nicht sehr hoch.
Fall 4: Verkauf einer Liegenschaft über 5.000 m² mit Haupthaus und Nebengebäuden. Die Grundfläche gliedert sich in 2.000 m² Bauland und 3.000 m² Grünland.
Die Verkäuferin wohnt seit über 2 Jahren im Haus und ist somit ImmoEst-befreit. Allerdings: Das Grundstück ist über 1.000 m² groß und alles was bei Bauland darüber ist, wird besteuert. D.h. Haupthaus und 1.000 m² Grund sind ohne Steuer, weitere 1.000 m² unterliegen der 30 % ImmoEst-Besteuerung. Grünland wird nicht besteuert.
Fall 5: Verkauf eines Grundstückes mit 800 m² Bauland.
Hier ist abzuklären, ob und wann eine Umwidmung von Grün- in Bauland erfolgte. War die Umwidmung nach dem 1.1.1989 fällt auch hier eine ImmoEst an, nämlich stolze 18 % vom Verkaufspreis.
Da die ImmoEst wirklich sehr tückisch ist und der Teufel im Detail liegt, diesen Punkt immer vor Verkauf abklären!